Katholizismus an Rhein und Ruhr

Der Katholizismus stellte im Ruhrgebiet lange eine wichtige, aber meist unterschätzte gesellschaftliche Kraft dar. Der kath. Kirche war es bei der beginnenden Industrialisierung weitgehend gelungen, sich auf die neuen Verhältnisse einzustellen und die neu entstehende Schicht der Arbeiterschaft für sich zu gewinnen.
Dafür schuf sie die Arbeitervereine unter der Leitung der sog. "Roten Kapläne". Sie organisierten 1873 den ersten Streik im Bergbau - in Essen. Der Kulturkampf des preußischen Staates und des politischen Liberalismus gegen sie schadete ihrer Verwurzelung in der Bevölkerung nicht - im Gegenteil. Denn die Unternehmerschaft war meist evangelisch und die Arbeiter katholisch, so dass der konfessionelle Gegensatz den sozialen Gegensatz unterstützte. Erst nach der Jahrhundertwende wuchs die Sozialdemokratie zur ernsthaften Konkurrenz heran.

In der Weimarer Republik erodierte das kath. Milieu langsam, konnte sich aber gegenüber der NSDAP bis 1933 noch gut behaupten.

Im 3. Reich changierte es zwischen Widerstand und Anpassung. An einigen Beispielen wird die Rolle des politischen und sozialen Katholizismus im 3. Reich aufgezeigt. Dabei geht es auch darum, seine Bedeutung für den politischen Widerstand darzulegen. Gerade der politische und soziale Katholizismus wird dabei oft nicht genügend gewürdigt, da sich der Blick meist auf die Haltung der Kirchenleitungen konzentriert.
Als Beispiel wird der Kölner Kreis vorgestellt. Er ist ein - weitgehend unbekannter - Widerstandskreis, dessen Mitglieder aus der Rhein-Ruhr-Region stammten. Die meisten von ihnen waren katholisch, aber es war ausdrückliches Ziel, Protestanten und Sozialdemokraten hinzu zu ziehen. Seine Verbindungen reichten ins Zentrum des zivilen Widerstandes nach Berlin und gerade für den Westen Deutschlands sollte er das Personalreservoir für die Zeit nach Hitler stellen. Seinen Mittelpunkt hatte er in der Westdeutschen Verbandszentrale der Katholischen Arbeiterbewegung in Köln, dem Kettelerhaus. Sein bekanntestes Mitglied ist der 2001 selig gesprochene Nikolaus Groß.
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In der Nachkriegszeit stabilisierte sich das kath. Milieu in den 50er Jahren wieder. Erst ab Mitte der 60er Jahre setzte der schon in der Weimarer Zeit begonnene Erosionsprozess wieder ein und gewann an Fahrt. Heute ist die Entwicklung soweit fortgechritten, dass die Kirche mit organisatorischem Rückzug reagiert und man vom Niedergang der Volkskirche sprechen kann.
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